Die eigene Palette kennen – Teil 5 (Die erweiterte Farbkarte)

So, wer in diesem Post angekommen ist, hat sich schon durch die letzten Beiträge gearbeitet, sich eine Menge Gedanken über die eigenen Farben gemacht – oder schlicht die Abkürzung genommen 🙂 (in diesem Fall lohnt sich ein Blick in die vorherigen Posts!).


In beiden Fällen hoffe ich, dass ich euch an dieser Stelle noch eine Anleitung für ein kleines, aber sehr nützliches „Werkzeug“ zum Malen geben kann. Ich nenne es: Die erweiterte Farbkarte.

Ich verwende selbst oft verschiedene Varianten davon. Und ich male auch immer mal wieder neue, weil ich sie wirklich sehr hilfreich finde.

Aber was soll das eigentlich sein?

Nun, es geht hier um Übersichtskarten, die ganz speziell auf die Farben abgestimmt ist, mit denen ihr selbst üblicherweise malt – oder die ihr vielleicht auch nur in einem bestimmten Projekt verwenden wollt.


Farbkarten: Farbe mischen und Farbverläufe

Hier mal eine Abbildung dazu:

Ihr sehr schon, es geht dabei nicht um eine spezielle Karte. Das ist auch gar nicht möglich, denn sie soll ja ein Hilfsmittel für ganz unterschiedliche Zwecke sein. Deswegen erkläre ich euch einfach mal, was ich von meinen Farbkarten möchte – und wie sie dann gemacht werden bzw. aussehen.

So bekommt ihr einen guten Überblick über die grundlegende Idee – und könnt dann selbst entscheiden (und variieren) was für euch und eure Projekte nützlich ist. Los geht’s …

Achtung, sehr wichtig: Die folgenden Anleitungen sind für den Umgang mit Aquarell geschrieben worden. Bei Unterschieden für andere Farbarten (wie Acryl, Öl, Gouache usw.) wird in dem markierten Text darauf hingewiesen!

Die einfache Farbübersicht:

  • Nun, das ist noch keine erweiterte Farbkarte, denn es „passiert“ darauf eigentlich nichts. Sie sieht nicht viel anders aus, als die Karten, die ihr im Kunsthandel ansehen könnt – mit einem wichtigen Unterschied: Darauf abgebildet sind eure Farben. Also die Farbtöne, die ihr in euren Malkästen habt und verwendet.
  • Wie das eben so ist, wächst und verändert sich die eigene Farbzusammenstellung im Laufe der Zeit. Meistens werden es mehr Farben, weil man neue entdeckt, die man ausprobieren möchte … Irgendwann hat man wahrscheinlich nicht mehr nur einen Farbkasten. Und verwendet möglicherweise auch nicht mehr nur die eine Farbart. – Tja, und dann wird es langsam unübersichtlich …
  • Welche Farbtöne hat man denn nun genau? Und für welche Technik? Welche passen zusammen?
  • Als ich an diesem Punkt war, wollte ich zumindest mehr Ordnung in meine Aquarellfarben bringen. Meine Lösung (und hier die eigentliche Anleitung): Ich nahm einen großen, GROSSEN Bogen Aquarellpapier. Teilte ihn in Kästchen ein. Und füllte jedes Kästchen mit dem Beispiel einer meiner Farben aus – mit Namensbeschriftung, damit ich es später zuordnen konnte. – Sah toll aus (war auch nützlich) und funktioniert für jede Art Farbe!

Die veränderbare Farbübersicht:

  • Eine Weile war ich mit der oben beschriebenen Farbkarte ganz zufrieden. Ich hatte mir auch viel Mühe gegeben und alles darauf sortiert – von hell nach dunkel und in Gruppen (alle Rottöne, alle Blautöne etc. zusammen).
  • Dann kaufte ich doch mal wieder ein paar neue Farben für ein Thema. Und stand vor dem Problem, dass ich sie nicht an den „richtigen“ Plätzen in der entsprechenden Farbgruppe dazumalen konnte. Ich hätte nur unten eine neue Reihe anfangen könnten. Das brachte meine Darstellung durcheinander, denn ähnliche Farbtöne sollten ja untereinander vergleichbar sein.
  • Also begann ich eine neue Farbübersicht. Eine, in der man die Töne nach Bedarf austauschen und verändern kann. Dies Art leistet mir bis heute gute Dienste und wird so gemacht:
  • Aus Aquarellpapierresten* (Infos zu den * findet ihr weiter unten) schneide ich kleine Karten in gleichem Format (wie groß, und ob ihr sie quadratisch oder länglich macht, ist Vorliebensache). Jede Karte beschrifte ich mit den wichtigen Angaben zur Farbe (Name, ggf. Hersteller usw.) mit Bleistift. Das ist wichtig, damit die Schrift nicht verlaufen kann!
  • Dann bemale ich jede Karte entsprechend der Aufschrift mit einem Farbton und zwar als Verlauf, von ganz hell bis sehr dunkel. So sehe ich auf einen Blick gleich mehr „Möglichkeiten“ der Farbe.
Hinweis: Für Farben wie Tusche / Tinte könnt ihr die Anleitung genau so umsetzen. Für alle anderen – Acryl, Öl **, Gouache … – empfehle ich statt des Verdünnens ein Abmischen mit Weiß.
  • Nun alles gut trocknen lassen und ggf. in einem dicken Buch eine Weile pressen (falls sich die Karte wellt). Das war’s eigentlich schon.
  • Die Karten kann ich immer wieder ganz nach Bedarf an einer Pinnwand aufhängen, um einen Überblick zu bekommen. Ich kann sie umsortieren. Eine bestimmte Auswahl zusammenstellen. Farbtöne nach Ähnlichkeit, Harmonie oder Kontrast vergleichen. Ganz unkompliziert.
  • Ein weiterer Vorteil: Die kleinen Karten lassen sich leicht in einer handlichen Box verstauen, wenn ich sie nicht brauche. Viel einfacher als meine große Farbübersicht vom ersten Versuch.
  • Und hier noch ein Tipp: Verwendet zum Aufhängen der Karten lieber unauffällige Stecknadeln als Reißnägel mit bunten Köpfen. Die können sonst sehr ablenken.
Farbkarte: Möwe und Drache

Zu den mit Sternchen * gekennzeichnet Stellen findet ihr am Ende des Beitrags noch nützliche Anregungen.

So, und was ist jetzt mit der erweiterten Farbkarte?

Berechtigte Frage! Dazu kommen wir jetzt:

Die erweiterte Farbkarte:

In dieser erweiterten Übersicht vergleiche ich die verschiedenen Möglichkeiten der Farben in meinen Kästen – ihr könnt damit also nach Herzenslust experimentieren! Wie ihr inzwischen wahrscheinlich schon vermutet habt, male ich dabei auch auf keinen zusammenhängende, großen Bogen mehr, sondern verwende wieder Karten oder auch Streifen. So kann ich später alles nach Belieben mischen und immer neu sortieren.

Farbkarten: Farbe mischen und Farbverläufe mit Ultramarinviolett Aquarell

Einige Beispiele dazu habt ihr ja schon oben auf dem Foto gesehen. Hier jetzt noch mal etwas detaillierter (das Bild ist zum Farbton Ultramarinviolett – vorm Auseinanderschneiden der Streifen).

Wenn ich mit einem Mal-Projekt beginne, habe ich oft schon eine (ungefähre) Vorstellung, welche Farbe/n darin zu sehen sein soll/en. Also eine Art Idee, wohin es sich farblich entwickeln soll. Das wird mein Ausgangspunkt.

Gleichzeitig möchte ich (meistens) nicht, dass zu viele unterschiedliche Farbtöne in den Bildern auftauchen. Irgendwann wirkt es (nach meinem Eindruck) sonst nicht mehr harmonisch und die einzelnen Farben erdrücken sich gegenseitig. Dann wirkt Malerei eher unruhig und verliert an Wirkung.

Also wähle ich eine oder einige wenige Farbe/n aus, von denen ich denke, dass sie zusammen die Wirkung erzeugen, wie ich das möchte. Diese werden meine „Hauptfarben“ für das Bild. Vorläufig …

Denn jetzt kommt die „Testphase“ – und der große Auftritt für die erweiterte Farbkarte:

Begonnen wird mit der Farbe, von der ich am sichersten bin, dass sie eine Rolle im neuen Projekt bekommt. Ich nehme einige Streifen von meinem „Farbkarten-Papier“ (oder unterteile die auf einem kleinen Blatt, wie auf den Fotos oben). In den ersten Streifen male ich ganz links meinen ersten Farbton sehr intensiv – und lasse ihn über den Streifen verlaufen / verblassen, bis er nach 2/3 der Strecke nach rechts nicht mehr zu sehen ist. (Das kann man auf dem Beispielfoto zum Ultramarinviolett oben gut erkennen.) Das ist nicht anders, als bei der veränderbaren Farbübersicht.

Auch hier könnt ihr bei anderen Farben (Acryl, Öl, Gouache …) das so machen, wie oben beschrieben; also mit Weiß mischen. Aber nur bei dem ersten Feld! Für die anderen folgt die Erklärung.

Auch die anderen Streifen fülle ich mit dem verblassenden ersten Farbton. So viele, wie ich zusätzliche Farben ausprobieren will. Dann alles trocknen lassen. – Zugegeben, bisher war das noch nicht sehr aufsehenerregend 😉

Interessanter wird es jetzt:

In jedes der folgenden Felder wird eine der anderen Farben aufgetragen, die ihr verwenden wollt. Ebenfalls als Farbverlauf, nun aber von rechts nach links. Dadurch bekommt ihr einen Überblick, wie eure erste Farbe zusammen mit den anderen wirkt – und wie sie sich mit ihnen mischt, wodurch neue Töne entstehen. Durch den Verlauf könnt ihr auch sehen, wie unterschiedlich der Mischton ist. Je nachdem, ob mehr von der einen oder der anderen Farbe in dem Streifen überwiegt.

Für Arten wir Acryl, Öl, Gouache usw. werden jeweils beide Farbtöne ohne den Trocknungsschritt gemischt: Auf der linken Seite mit dem einen Farbton beginnen und Schrittweise mehr und mehr des anderen Tons dazugeben – bis man auf der anderen Seite mit dem zweiten Farbton „ungemischt“ ankommt. Auch so bekommt man einen Überblick über die verschiedenen Stufen der Mischfarben, die entstehen können.

Und wozu das alles?

Durch die verschiedenen Farbstreifen bekommt man einen Eindruck, wie sich die Farben zusammen verhalten. Ob sie harmonisch wirken. Ob eine zu wenig auffällt. Oder zu sehr. Und auch, wie viele Farben man eigentlich für das Projekt benötigt: Wenn ich bereits mit Rot und Gelb male, benötige ich kein zusätzliches Orange aus der Tube / Flasche. Ich kann es aus den anderen Farben mischen – und das Ergebnis wirkt viel zusammengehöriger.

Und das Tollste: Ich lerne meine Farben auf diese Art nicht nur sehr gründlich kennen – ich brauche auch immer seltener neue Farbstreifen zu malen! Denn wenn ich sie gut aufhebe, kann ich sie ja für jedes Projekt wieder verwenden. Nur neu gekaufte Farbtöne, die ich noch nie benutzt habe, bekommen dann noch eine eigene Misch-Serie.

Wenn ich an einem Bild arbeite, lege ich mir die Streifen zu den jeweiligen Farben daneben und habe dadurch gleich eine Mischübersicht, ohne viel herumprobieren zu müssen. Oder die Farbkarten und -streifen bekommen gleich einen Platz in dem Moodboard, dass ich für das jeweilige Projekt aufgehängt habe. Dann weiß ich immer gleich, wie ich meinen Farbkasten dafür zusammenstelle. (Mehr zu Moodboards in einem neuen Beitrag.)

Möwe malt Farbkarten

Ihr seht: Veränderbare Farbkarten machen anfangs etwas mehr Arbeit (und Spaß!). Aber wenn man sie erstmal hat, ersparen sie einem viel Zeit bei den Vorbereitungen. Und auch Geld, weil man einen prima Überblick auch über alle Mischfarbtöne hat – die man so nicht fertig zu kaufen braucht.

Wie weiter oben angekündigt, hier noch einige Hinweise zu den mit Sternchen * gekennzeichneten Stellen:

* Am besten ist es, wenn ihr für eure Farbkarten (egal welche Form) immer genau die selbe Art Malpapier oder -karton verwendet. Denn Farben wirken und verhalten sich auf verschiedenen Untergründen auch unterschiedlich. (Mehr dazu findet ihr auch in den Posts über „Malgründe“.)

** Wenn ihr eure Farbkarten mit Ölfarbe malt, denkt bitte an die viel längere Trocknungszeit. Und vorallem daran, dass das „Ölige“ noch sehr viel länger erhalten bleibt und sich daher auf andere Farbkarten übertragen kann. Daher lagert diese am besten getrennt.

*** Schützt eure Farbkarten vor Licht, wenn ihr sie nicht benutzt. Hebt sie in Kästen oder Mappen für Kunst auf (dazu mehr Infos bei „Hilfsmittel / Aufbewahrung“). Manche Farben verändern sich im Laufe der Zeit durch Licht. (Auch hierzu gibt es einen Beitrag: „Farbkennzeichnung“)

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