Das Gehirn ist eine faule Socke. Es greift am liebsten auf Dinge zurück, die es schon kennt. Bei dem einen Kopf bedeutet das: Malen nach Zahlen und Basteln streng nach Anleitung. (Und das am besten erst, nachdem man eine laaange Liste an Kreativ-Material eingekauft hat. Die hat der Herausgeber des Bastelhefts von den wohlmeinenden Firmen bekommen, mit denen er zusammenarbeitet. Nur keine Variationen, immer genau nach Anleitung.)
Der andere Kopf kennt es eher so: Ich habe schon viel gemacht, mein Hirn ist darin geübt, Eindrücke zu sammeln, neue Querverbindungen zu finden, eigene Schlüsse zu ziehen – und heraus kommt die kreative Mischung.
Apropos kreative Mischung … Kennt Ihr auch die wiederkehrende Frage: „Wie ist dir das nur eingefallen?“ Oder: „Woher haben Sie die neuen Ideen?“
Rechnet eine/r der Fragenden wirklich damit, dass man ernsthaft antwortet,
z.B. so?
„Ja, ich bin neulich spazieren gegangen. Da ist mir die Kreidezeichnung eines Himmel-und-Hölle-Spiels auf der Straße aufgefallen. Das hat mein Kopf aus erstaunlichen Gründen – während ich eine Dokumentation übers Fliegen gesehen habe – mit dem Anblick der Wälder von oben kombiniert. Dazu kam die Erinnerung an ein altes Kinderbuch über Ungeheuer, das ich sehr mochte. Dann gab’s da noch einige neue Farbtöne, die ich gern testen wollte. Und die vielen, vielen, VIELEN Jahre an Übung, angefüllt mit Ausprobieren, Nicht-So-Gelungenem, mehr Ausprobieren und Dazulernen. – Und dann konnte ich mir vorstellen, wie die Bilder werden sollten in dem neuen Buch über den Drachen, der so riesig war, dass Bäume auf ihm wuchsen und der deswegen für alle Spiele zu groß war …“
Nee, oder? So etwas antwortet man natürlich nicht! Die meisten Fragenden rechnen auch nicht wirklich mit einer ausführlichen Antwort; eher mit so hübschen, kurzen, „künstlerischen“ Schlagworten wie: Inspiration!
Da die/der bescheidene Künstler:in sich bei dieser Antwort seltsam vorkäme, wird eher etwas wie „Weiß ich auch nicht“ oder „Einfach so“ gemurmelt. Und schon tauchen im weiteren Gespräch Begriffe wie „talentiert“ oder sogar „genial“ auf. Bewundernd nett gemeint, wirft das Gesprächsgegenüber damit voller Schwung all die lange Zeit des Lernens und Übens über Bord!
Zurück bleibt dieses diffuse Ding: „Talent“, das scheinbar die Grundlage von Kunst in allen Formen ist – und natürlich angeboren wird …
Wenn dem so wäre, dann würden sich Künstler:innen nicht entwickeln. Oder? Das Talent wäre einfach da. An schlechten, „uninspirierten“ Tagen vielleicht etwas schwächer. Aber ansonsten: Einfach da! Würde den kreativen Menschen zu- oder sogar nachfliegen. Eigentlich ganz bequem.
Wenn Talent etwas Angeborenes ist, wie Haarfarbe oder große Füße – sollte der/die damit beschenkte Künstler:in nicht bereits unvergleichlich malen / zeichnen / bildhauern etc. können, sobald er/sie das Werkzeug in der Hand halten kann?!
Habe ich noch nicht gehört (aber schreibt gern, wenn ihr so jemanden kennt). Deswegen (es ist euch vielleicht schon aufgefallen) misstraue ich dem „Talent“. Natürlich, es gibt Personen, denen bestimmte Dinge leichter fallen als anderen. Sei es aufgrund körperlicher Eigenschaften (die – ja – tatsächlich angeboren sein können), oder weil sie genauer hinsehen, zuhören, sich konzentrieren … und sich vor allem auch nach Fehlschlägen und Pannen immer wieder aufrappeln und weitermachen.
Das alles geschieht meist eher aus: Interesse!
Ich glaube, genau darin versteckt sich die besondere „Magie“, hinter dem TALENT vieler Künstler:innen. Sie haben Interesse und Begeisterung für das, was sie tun. Sie probieren aus und üben und lernen und lernen und üben … – bis sie irgendwann ihre Tätigkeit ziemlich gut können – und viel besser als die Person, die auch gern so viel „Talent“ hätte, aber leider überhaupt keine Zeit zum Lernen und Üben.
Dafür kann diese andere Person dann vielleicht großartig kochen. Oder ist unglaublich sportlich und hat schon Medaillen im Hochsprung gewonnen. Auch einfach durch Talent?
Dabei fällt mir auf: Beim Sport finden es die meisten ganz selbstverständlich, dass man üben und trainieren muss, um gut oder besser zu werden. Auch in diesem Bereich taucht zwar manchmal das Wort „Talent“ wieder auf. Aber eigentlich ist doch allen klar, dass es dabei vor allem um viel, viel Training und harte Arbeit geht. „Talent“ ist dabei allenfalls so eine Art Bonus (wenn es das denn gibt).
Und wisst ihr was? Ich finde, das ist eine GUTE Vorstellung.
Denn es bedeutet, dass man lernen kann, wenn man etwas können möchte! Dass man wachsen und besser werden kann, in den Dingen, die einen interessieren. Vielleicht nicht bis zur Genialität, aber das ist auch ein ganz anderer Schuh. (Und man hört gelegentlich, das Genies große Defizite in anderen, manchmal ganz „normalen“ Bereichen haben. So gleicht sich alles wieder aus …)
Ich denke, TALENT ist eine Mischung der folgenden Dinge (nur meine ganz persönliche Meinung):
- Interesse (richtig dolles, großes Interesse. So sehr, dass man immer weiter lernt und übt. So sehr, dass man auch dann, wenn etwas schiefläuft, einfach nicht aufhören kann, sich mit dem Thema zu beschäftigen.)
- Mut (eine riesen Portion Mut. Denn den braucht es, um mit Kritik, Pannen und all den anderen Stolpersteinen umzugehen. Und besonders, um „loszulassen“: Den Strich zu ziehen, den man nicht mehr wegradieren kann. Sich mit Schwung zu drehen, damit aus dem Üben ein Tanzen wird, darauf zu vertrauen, dass man nicht fällt. Die Farben aufs Papier fließen lassen, in Holz zu schneiden, den Stein zu behauen und die Keramik in den Brennofen zu schieben … All die Schritte, die man nicht mehr Rückgängig machen kann. Die es braucht, damit die eigene Kunst Ausdruck und Charakter gewinnen kann.)
- Übung, Übung, noch mehr Übung …
- Angeborene Eigenarten (die einem etwas mehr Kraft geben, oder den etwas genaueren Blick, ein Hauch mehr Konzentrationsfähigkeit, die besondere Art den Pinsel zu halten …)
- Prägung (all die Dinge, die einen – bewusst oder unbewusst – beeinflusst haben. Ein musikalisches Zuhause; der Film mit den wunderschönen Farbkombination, den man wieder und wieder gesehen hat; die Spaziergänge mit dem Freund, der einem so viel von den Besonderheiten und Formen in der Natur gezeigt hat …)
- Und irgendwo, ganz am Schluss, der kleine Funken, der einen zu der Person macht, die man ist. Man selbst. Mit all den Ecken und Kanten und der ganz eigenen Art, die Dinge so zu tun, wie man selbst sie eben tut. Vielleicht ist das TALENT …
Was meint Ihr?
Hallo, lieber FarbenLeuchtturm,
ja, so ist das wohl mit dem „Talent“ – wie eben bei den meisten Dingen im Leben:
Ein Funke muss den W I L L E N entzünden, weiter zu machen . . .
Dein Blumentopf-Arrangement ist toll gelungen, es hat viel Ähnlichkeit mit einer meiner Lieblingsecken in meinem Garten.
Haben Deine lustigen Figuren eigentlich Namen?
Um auch von „schreibfaulen“ Lesern eine Rückmeldung zu bekommen, könntest Du ja
vielleicht irgendeine Form von „Like -Button“ installieren.
Cora grüßt Dich
Hallo und vielen Dank für Deine Ideen!
Ja, ohne die Portion Entschlossenheit, um mit Dingen weiterzumachen, lässt man sich von den Pannen (die eben auch passieren) leider viel zu leicht entmutigen. Aber da sind zwischendurch nette Meinungen und Kommentare – wie z.B. Deine – ein guten „Funke“ für wieder neuen Ansporn. Vielen Dank auch für neue Anregungen 🙂
Bisher haben die Figuren noch keine Namen. Aber, mal sehen, vielleicht findet sich ja zwischendurch die Gelegenheit: Dann mache ich hier eine kleine Ausschreibung für einen Namenswettbewerb …
Ich mag das Blumentopf-Bild auch gern. Es erinnert mich an gemütliche Gartenstunden in netter Gesellschaft. Außerdem ist es ein gutes Beispiel, dass völlig ungeplante Motive zu guten Bildern führen können. Man ist dann eben viel lockerer, wenn man „einfach so“ losmalt. Und das muss zwischendurch eben auch sein.
Bald bringt der Frühling auch wieder mehr Wetter, um mit dem Skizzenbuch loszuziehen. Vielleicht lockt es Dich auch nach draußen?
Viel Spaß dabei und freundlichen Sonnenschein – SP